Mal ehrlich, ein Bahnanschluss am Rettershof wäre doch schon eine schicke Sache, oder? Man könnte direkt aus Frankfurt umweltfreundlich anreisen und sich in der schönen Natur vergnügen.
Aber ganz so weit hergeholt ist das eigentlich nicht. Es gab am Rettershof im letzten Jahrhundert eine Feldbahn, die ein Zubringer zu den Gleisen der heutigen Bahn in Schneidhain war. Eine Feldbahn ist eine Anlage mit schmalerer Spur und sehr robusten kleinen Loks und Wagen, die zum Transport von Gütern relativ schnell auf- und abgebaut werden kann. Über den Zubringer wurden landwirtschaftliche Erzeugnisse des Rettershofs und vor allem auch Baumaterial (Bruchsteine aus dem Rettershofer Steinbruch) für den Bau der heutigen Autobahn A 66 transportiert.
Der Anschluss befand sich Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts in der Nähe des heutigen Sportplatzes in Schneidhain. Hier zweigte ein Anschluss des sogenannten Normalgleises ab und über den Verladeplatz wurden die Güter von der Feldbahn gebracht. Diese folgte dem Verlauf des heutigen Feldweges hoch zur Bundesstraße, über diese drüber, folgte dann dem Verlauf der heutigen Straße zum Rettershof und hinüber zur heutigen Gaststätte “Zum fröhlichen Landmann”. Wir haben den Verlauf mal skizzenhaft nachgezogen.
Wo die Bahn genau auf dem Gelände des Rettershofes endete oder sich noch verzweigte, darüber scheiden sich noch ein wenig die Geister.
Schade, dass davon heute gar nichts mehr zu sehen ist, meint ihr? Fast ganz richtig. Wenn man genau hinsieht, dann entdeckt man, dass der Zaun vom Gutsgebäude hoch zum Schlosshotel immer noch zu guten Teilen aus den alten Bahnschienen errichtet wurde. Hier lässt sich von oben noch gut das Profil der Gleise erkennen.
Auch das Gebäude “Zum Fröhlichen Landmann” konnte man durch durch Aufschüttung und den Verkauf der Bruchsteine erst erstellen. Den ursprünlichen Geländeverlauf kann noch gut an den steilen Kanten erkennen, die das Gebäude des Landmann umgeben. Ebenso wurde die Fläche des großen Parkplatzes mit Abraum aufgefüllt und eingebnet.
Die heutige Zufahrt zum Rettershof als Abzweig von der B455 existiert dadurch, dass die Feldbahn hier ihre Schneise geschlagen bekommen hat. Die Zuwegung erfolgte früher über andere Wege.
Insgesamt waren die Arbeiten mit sehr viel Handarbeit verbunden, um Bodenwellen auszugleichen und Untergründe für Plätze und Wirtschaftsgebäude zu verfüllen und zu verdichten.
Von daher ist der kleine OGV-Zug gar nicht so weit hergeholt, auch wenn die Spurweite des Zuges viel zu groß und die Lok und der OGV-Wagen viel zu modern sind. Aber man weiß ja nie, was die Zeit noch so mit sich bringt 🙂
Bleibt noch die Frage, woher all diese Informationen kommen? Sie stammen eigentlich komplett von unseren Vereinsmitgliedern, die alle zusammen über ganz erstaunliches Spezialwissen über unsere Gegend haben. Auch ein wunderschöner Nebenaspekt eines Vereins, wenn Informationen so aus der Versenkung kommen und anderen Menschen zugänglich werden.